Spat = Osteoarthropathia deformans tarsi
Die Osteoarthropathia deformans tarsi ist eine unter Reitern bekannte und gefürchtete, umgangsprachlich als Spat bezeichnete, Erkrankung des Sprunggelenks eines Pferdes. Spat kann als Sammelbegriff für alle schmerzhaften Prozesse im Bereich des Sprunggelenks mit Folge einer Ankylosierung (=Versteifung) des Gelenks genutzt werden. Es gibt je nach Autor verschiedene Definitionen zum Thema Spat, jedoch handelt es sich meist um eine chronisch deformierende Arthrose, die unterschiedliche Ursprünge haben kann (Schubert, 2010).
Der Großteil der beschriebenen Spat-Veränderungen bezieht sich auf Zubildungen im und außerhalb des Gelenks. Es gibt aber auch Fälle, bei denen lytische Bereiche zu finden sind, also Bereiche, in denen Knochen und Gewebe zersetzt werden (Kretschmer, 2015). Die Erkrankung betrifft vor allem die straffen Gelenketagen des Sprunggelenks, aber zunächst beschreibe ich den Aufbau und die funktionelle Anatomie des Tarsalgelenks (Schubert, 2010):
Das Sprunggelenk besteht aus mehreren Gelenkreihen mit je mehreren Knochen. Eine schematische Darstellung ist in der Abbildung links zu finden. Die oberen Gelenkreihen (grün und blau) haben die größte Bewegungsmöglichkeit (bis zu 80%). Die unteren Reihen sind sogenannte „straffe Gelenke“ oder „Amphiarthrosen“, die hauptsächlich der Stoßabfederung dienen. In diesen unteren Reihen findet die Spaterkrankung meist ihren Ursprung.
Vielleicht haben einige schon mal von der sogenannten Spatsehne gehört. Diese stellt eine der beiden Endsehnen des Musculus tibialis cranialis dar, der zur Beugung des Sprunggelenks aktiv beiträgt. Dieser Muskel befindet sich auf der Vorderseite der Hinterbeine und verläuft von der Außenseite des Knies mit einer Endsehne zum vorderen Teil des Röhrbeins (Os metatarsale) und mit einer weiteren Endsehne an die Innenseite des Sprunggelenks. Diese setzt dort an dem Os tarsale primum et secundum (s. Abb. violetter Knochen) an und bildet die Spatsehne. Unter dieser Ansatzsehne ist ein Schleimbeutel eingelagert, der die starke Reibung zusätzlich verringert (König und Liebich, 2005).
Beim Auftreten auf den Boden wird das Sprunggelenk gestreckt und dieser Muskel wird gedehnt (Dietrich et al., 2003). Dabei kommt Zug auf die Ansatzsehne und das Os tarsale primum et secundum wird gegen das Os tarsi centrale (s. Abb. gelber Knochen) gezogen, welches wiederum gegen die umgebenden Knochen, vor allem das Os tarsale III drückt. Bei einem gesunden Gelenk werden diese Stöße bzw. die Reibung durch die Knorpelschicht und die Gelenkflüssigkeit (=Synovia) zwischen den Knochen minimiert (Kretschmer, 2015).
Wie kommt es nun zur Spat-Erkrankung?
Durch unterschiedliche Gründe (z.B. Vererbung, Fehlstellungen in den Gliedmaßen, mangelhafte Hufpflege oder falsche Haltung/Fütterung) kann es zu einer vermehrten Belastung des Sprunggelenks (v.a. medial also am Beininneren) kommen. Durch die übermäßige Belastung kann sich eine Knochenhautreizung oder Schädigung des Gelenkknorpels entwickeln, welche sich über eine akute Entzündung zu einer Arthrose weiterentwickeln kann (Kretschmer, 2015). Der Körper versucht nach der Knorpelschädigung durch Knochenzubildungen, sogenannte Osteophyten, die Reibung zu vermindern. Das führt allerdings auch dazu, dass die Beweglichkeit innerhalb des Gelenks abnimmt und die Zubildungen wieder zu neuen Reizungen an anderer Stelle führen können. Dieser Prozess der Verknöcherung und ständigen Reibung und Entzündung ist für das Pferd sehr schmerzhaft. Ist dieser Vorgang der Versteifung abgeschlossen, so führt dies im Gelenk zwar zu einer Minderung der Bewegungsmöglichkeit, jedoch verschwinden die Schmerzen (Schubert, 2010).
Welche Symptome zeigt mein Pferd?
Die Symptome können, je nach dem aktuellen Entzündungsstand, variieren. Meist zeigt sich eine gering- bis mittelgradige Stützbeinlahmheit. Das heißt, dass die Zeit, in der das Bein auf dem Boden steht, verkürzt wird, was mit dem Humpeln eines Menschen nach einer Bänderüberdehnung vergleichbar ist. Der Grad der Lahmheit ist abhängig von mehreren Faktoren, wie dem Stadium oder der Lokalisation der Erkrankung. Meist verbessert sich die Lahmheit nach der Aufwärmphase. Im späteren Verlauf der Erkrankung können auch die Knochenzubildungen vermehrt innen am Tarsalgelenk ertastet werden (Kretschmer, 2015).
Wie wird Spat in der Alternativmedizin behandelt?
Leider zählt Spat zu den Erkrankungen, die nicht geheilt werden können. Ziel der Therapie ist die möglichst schnelle Schmerzlinderung und Entzündungshemmung bei akuten Schmerzphasen. Bei der Behandlung eines Spat-Patienten können sich Physiotherapeuten, Tierheilpraktiker und Huforthopäden sehr gut ergänzen. Während der Tierheilpraktiker für Schmerzlinderung in akuten Phasen und Unterstützung des Knorpels sorgt, betreut der Physiotherapeut den Patienten während der nicht schmerzhaften Phasen durch passive Bewegungstherapie und Trainingstipps für die Besitzer, um die Bewegungsmöglichkeit aufrecht zu erhalten (Daubenmerkl, 2011).
Huforthopäden bzw. Hufschmiede sowie Tierärzte haben weitere Möglichkeiten Spat zu behandeln. Die Therapie sollte individuell auf den Patienten abgestimmt sein und von den Erfolgen verschiedener Therapieansätze abhängig gemacht werden.
Quellenangaben:
Daubenmerkl W. (2011) Tierkrankheiten und ihre Behandlung, 3. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
Dietrich G. et al. (2003) Zur Biomechanik der Hintergliedmaße beim Pferd – Einfluss der Anhebung der Trachten auf das Sprunggelenk, Pferdeheilkunde 19 (2003) 3 (Juli/August) 345-348
König H., Liebich H. (2005) Anatomie der Haussäugetiere: Lehrbuch und Farbatlas für Studium und Praxis, 3te Auflage, Schattauer GmbH, Stuttgart
Kretschmer I. (2015) Dissertation, University of Zurich, https://doi.org/10.5167/uzh-114032
Schubert A. (2010) Dissertation, Freie Universität Berlin, Mensch und Buch Verlag Berlin, ISBN 978-3-86664-932-3